Auf höfischen Festen werden oftmals Spiele zur Zerstreuung der anwesenden Gäste
angeboten und gespielt. Ein Spiel erfreut sich immer einer hohen Beliebtheit,
gleichwohl halten sich verschiedenste Gerüchte ob dieses Spiels. Gemeinhin
ist dieses Spiel als "Jeu l'orange" oder einfach als Orangenspiel bekannt.
Zu Beginn des Spiels werden vom Gastgeber eine oder mehrere nelkenbesteckte
Orangen an die Gäste übergeben. Nun obliegt es den Trägern der Orange dieses
Spiel eingenständig fortzuführen. Hat nun ein edler Gast eine dieser nelkenbesteckten
Orangen in seinem Besitz, so darf er diese einem anderen anwesenden Gast anbieten.
Müßig ist es zu erwähnen, das eine Dame einem Herren und umgekehrt eine
solche Frucht anbieten darf.
Dieser hat nun die das Recht eine Nelkenblüte aus der Orange zu entfernen.
Hier erhält das Spiel seine Brisanz, da der Gast entscheiden darf, in welcher
Form er eine solche Nelke aus der Orange entfernt.
Wird einem Herren ein solches Geschenk von einer Dame angeboten, so darf er entscheiden,
in welcher Form er die Nelke aus der Orange entnimmt. Tut er dies mit den Fingern,
so dürfen seine Lippen die Hand der Dame als baisemain, dem Handkuss, entzücken.
Entscheidet der Herr sich gar dafür eine Nelke mit dem Munde zu entfernen, so hat er
gar das Recht seine Lippen mit denen der Dame für einen kurzen Moment zu berühren
Allerdings seien hier die warnenden Worte eingebracht, daß ein "wahrer" Herr oder eine
"wahre" Dame, welche die hohe Minne achten, nie die Etikette übergehen und eine Nelke
mit dem Mund aus der Frucht entfernt. Die wenigen frivolen Ausnahmen bedienen nur die
Gerüchteküche bei Hofe.
Wobei zu beachten ist, das die 'frivolen Ausnahmen', ja in der Regel nicht wirklich frivol im eigentlichen Sinn sind,
wenn die Beiden mit der Orange-Spielenden tatsächlich einander sehr zugetan sind
(z.B. verheiratete Paare oder weil eine Dame ihrem vertrauten Minneritter für seine Dienste eine unerwartete,
übergroßmütige und natürlich völlig uneigennützige Gunst erweisen möchte...)
Es wird empfohlen, dass gerade die Damen sehr genau überlegen sollten, wem sie die Orange
reichen, da sie nie wissen können, wie der Herr reagiert...
Sollte ein Herr einer Dame eine Orange anbieten, so hat die Dame die gleichen Entscheidungen,
jedoch sollte auch hier dem Herrn geraten werden, die Dame nicht in eine höchst peinliche
Situation zu bringen.
Auf den Minnebällen ihrer Hoheit, der Freigräfin Sophie-Christine de Durée-Caresse, ist es
ebenfalls üblich, beim Gefallen der Dame ob ihres Herren, diesen mit der Nelke als Oculi
in dessen Beutelchen zu belohnen, auf das dieser Herr vielleicht die Krone der Minne erlangen kann.