Das Leben eines Spross vom Stande im Lande Dunbar ist schon vorherbestimmt,
wenn sein Vater ihm die Ausbildung zum Ritter teil lassen will.
Das frühe Kindesalter ist mit spielen und tollen angefüllt, da eine Ausbildung
in diesen unschuldigen Jahren noch wenig fruchten würde. Der Zögling sollte doch
zunächst einmal richtig laufen lernen und auch die eigene Sprache beherrschen.
Im zarten Alter von 6 oder 7 Jahren, wird der Jüngling aus der elterlichen Fürsorge
in die Hände eines anderen Hofes gegeben, da der Knabe die dortigen Gepflogenheiten erlernen
sollte. Losgelöst vom Einfluss seines Vaters kann er diesen nicht mehr in Verlegenheit bringen,
seinen Willen zu erliegen oder gar bevormundet zu werden.
Der Mentor wird nun tunlichst darauf achten den Jungen schon bald in die Pflichten eines Pagen zu nehmen,
ansonsten würde er kostbare Zeit bei der Unterweisung der Lektionen verlieren. Nach kurzer Zeit des
Eingewöhnens wird dem Jüngling alsbald die Bibelkunde gelehrt und ihm Sinn und Bedeutung von Glaube
und Gebete erläutert. Des weiteren solle er sich mit Geschick und Aufmerksamkeit im Geschehen zu Tische
und auch bei anderen Anlässen als tatkräftige Mithilfe erweisen, z.B, das Kredenzen von Speisen.
Akribisch solle er dabei die feinen Tischmanieren studieren und sich sein eigen machen.
Was Abends die Etikette im Rittersaal des Pagen Gelehrigkeit abverlangt, so muss dieser Tagsüber seinen
Eifer im Stall des Burgherren unter Beweis stellen. Erste Erfahrungen mit den edlen Pferden gilt es zu machen.
Diese zu hegen und zu pflegen wird in dieser Zeit eine wichtige Aufageb sein. Zur selbigen Weile wird es dem
Pagen möglich sein, sich endlich auch der körperlichen Ertüchtigung zu üben. Das Laufen,
springen, werfen und ringen nehmen einen weiteren bedeutenden Platz im Leben des angehenden Knappen ein. Auch
darf er sich ab einer gewissen Erfahrung schon der Buhurt zuwenden, den er solle schon früh lernen vom
edlen Rosse aus gegen einen Gegner zu widerstehen. Zwar mag in dieser Form der Tjost, der Widersacher nur ein
Strohmann sein, doch ist es gar fürchterlich schmerzhaft und gleichsam lehrreich, wenn der Strohmann den
Zögling beim vorbei reiten noch trifft.
Auch soll in diesem Stadium der Ausbildung das fechten mit dem Holzstab und die richtige Handhabung mit
dem Dolch seinen Platz in der Tagesordnung finden. So sollen die Tage und Abende für den Pagen für
lange Zeit angemessen mit Arbeit angefüllt sein, denn gleichsam zu der körperlichen Ertüchtigung
gehört es sich auch, den geistigen Horizont mit Lesen, Schreiben, Philosophie, Theologie und Zahlenkunde
zu erweitern.
Der Page solle in dieser Zeit sich auch in der Jagd als Helfer und Treiber bewehren. Sollte sich der Page
in den verschieden anfallenden Tätigkeiten nicht als tüchtig und gelehrig erweisen, so ist ihm die
Ritterweihe verwehrt. Diese unseeligen Knaben treibt das Schicksal dann meistens in die Arme der heiligen Kirche.
Etwa mit dem 14. Lebensjahr wird der Page in den Stand eines Knappen erhoben. Seine Ausbildung solle nun
hauptsächlich der Waffenkunst, den Tugenden und der Minne Zeit einräumen. Die Waffenkunst oder
auch Kriegskunst sieht neben dem Kampftraining, Taktik in der Schlacht, Menschenführung, Turneiregeln
und das Fehdewesen vor.
Der Knappe übt den Umgang mit Kolben, Streitaxt, Schwert und Schild. Während dieser übungen
ist der Knappe angehalten, ein Kettenhemd oder Schuppenpanzer, von seinem Herrn geborgen, zu tragen. Auf das
sein Leib sich an das Gewicht der Rüstung gewöhnen mag.
Zu den ritterlichen Tugenden gehört auch das Verständnis des Knappen, sich mit ritterlichen Leben
und Denkweise zu beschäftigen. Dazu gehören die Themen der Stand des Ritters in der Gesellschaft,
Werte eines Ritters, Vasallität und das Lehenswesen.
Auch neue Dienste sind nun Aufgabe des Knappen. So solle er als Bote eingesetzt werden und somit Depeschen
seines Herrn überbringen. Meist ist der Knappe bei dieser Tätigkeit zu Fusse unterwegs, doch solle
die Strecke einmal gar sehr lang sein, so sei ihm auch das Pferd ein treuer Weggefährte.
Ferner muss Knappe an der Tafel aufwarten, die Gäste seines Herrn bedienen, ihnen die Steigbügel
halten, beim Bekleiden helfen usw. Er begleitet seinen Mentor bei allen Anlässen, ruft zu Turnei seinen
Namen aus und trägt ihm die Ersatzwaffen nach.
Wenn es gar zum Kriege kommen sollte, so hat er seinen Herrn auch dorthin zu folgen und mit Streitaxt,
Streitkolben oder Pike dessen Rücken zu schützen oder sonstige Anweisungen strikt zu befolgen.
Neben höfliches Benehmen hat er sich in der Minniglichkeit bei den Damen zu befleissen. Er hat das
Mass seiner Galanterie zu verfeinern und seine Tanzfertigkeiten zu veredeln. Ausserdem vertieft er sein
Wissen bei der Literatur (durch das Vortragen von Gedichten oder Balladen), der Musik (durch Gesang oder
das Spielen auf einem Instrument), dem Schach und der Heraldik.
Als letzte Erhebung folgt die in den Stand eines Schildknappen. Was für ihn bedeutet, dass er nun
berechtigt ist ein Kriegs- und Turneischild mit dem Wappen seines Herrn führen zu dürfen. Er
ist bedingt Satisfaktionsfähig und darf Forderungen gegen seine Person annehmen.
Wenn der Schildknappe nun eines Tages die verschlungenen Dornenpfade des Lernens und Erfahrens aus dem
Tal der Tränen und der Freude, der Demut und des Schmerzens, der Wahrhaftigkeit und der Bitternis
überstanden haben sollte, dann obliegt es dem Ritter seinen Schildknappen die Ausbildung zu vollenden
und ihn in den Stand der Ritterschaft zu erheben.
Diese letzte Hürde im Leben eines Knappen setzt allerdings voraus, dass er entweder zu geringfügigem
Wohlstand gekommen ist oder einen Gönner gefunden hat, welcher ihm die notwendige Ausrüstung darreicht.
Denn ohne seiner standesgemässen Bekleidung, einer Rüstung und dem Schwert ist ihm die Erhebung in den
Ritterstand verwehrt.
In einem solchen Falle, kann er zu einem Edelknappen ernannt werden, welcher die Rechte eines Ritters erlangt hat,
bis auf einige entscheidende Unterschiede: Er solle nicht das Recht erhalten die Sporen als Zeichen der Ritterschaft
zu tragen. Fernerist ihm nicht erlaubt sein eigen Wappen auf der Brust zu tragen und zuletzt darf er nicht den
Beinamen „Sir“ tragen.