Termine:  
10.-12.Juni 2022

The Wedding

Burg Bilstein bei Lennestadt
SC Burg, NSC Burg


Die Minne
 

Die Minne, welche das zentrale Thema der epischen ritterlichen Poesie bildet, ist keine sinnliche Liebe, sondern vielmehr der Dienst selbst, den der Ritter der erwählten adeligen Frau, einer meist verheirateten, gesellschaftlich über ihm stehenden Dame um gewährter Huld willen leistet. Eben diese Aussichtslosigkeit, ein fernes hohes Ziel je erreichen zu können, ist für viele Ritter aus Dunbar entscheidender Ansporn, sich eifrig mutiger Taten hinzugeben und dadurch die Befähigung zu erlangen, erstaunliche Leistungen zu vollbringen. Dabei sind jedoch alle Bewährungen, egal in welcher Lage, nur unter Einbehaltung der ritterlichen Tugenden zu vollziehen. Für einen wahren Liebenden erhöhen Frustrationen nur noch mehr die Leidenschaft. Schwierigkeiten werden gerne als Gelegenheit begrüsst, die eigene Wahrhaftigkeit zu beweisen.

Nicht immer ist dem aufrichtigen Ritter die verehrte Dame bekannt; eine ferne, fremde Schöne erscheint noch verehrungswürdiger und entspricht vollkommen dem Inbegriff des minniglichen Ideals (Hohe Minne). Andererseits besteht für eine so angeschwärmte Dame ein erhöhter Anreiz, im Wesen anmutiger und im Erscheinungsbild noch lieblicher zu sein. Die Beeinflussung im Streben nach höherer Vollkommenheit ist insofern doppelseitig und trägt zur Verfeinerung des caressianischen Adels bei. Unverheiratete Damen müssen immer keusch bleiben. Manche Liebenden betrachten daher die keusche Liebe als höchste Form der Minne. Auch von verheirateten Damen wird Enthaltsamkeit erwartet. Um ihre Blutlinie zu erhalten, halten einige Adelige ihre Gemahlin in der Ehe gefangen, um sich legitime Erben zu sichern.

Die höfische Etikette gestattet einem edlen Ritter gelegentlich, die Hand oder die Wange seiner Dame zu küssen, wenn er für sie eine grosse Tat vollbracht hat. Die Begegnungen selbst keuscher Liebender sollten geheim bleiben- wer soll also sagen, was im Anschluss an einem diskreten Kuss geschieht? Die Wahl liegt immer bei der Dame. Der Edelmann hat keine anderen Rechte als die, die sie ihm zubilligt. Gewöhnlich verlangt die Dame gewaltige Anstrengungen zum Beweis seiner ehrlichen Absichten. In der höfischen Gesellschaft ist die Ausübung der minniglichen Kultur im Verständnis der meisten caressianischen Ritter jedoch eine andere.

Der Ritter in Dunbar ist auch nur ein Mann, der letztendlich in seinem Herzen auf der Suche nach der wahren Dame seines Lebens ist. Er betrachtet die Minne als Höflichkeit und Anstand, Faszination und Tugend. Aber sein inniglicher Wunsch ist sein Verlangen mit einer Angebeteten den Bund der Ehe zu schliessen , so Gott will Kinder zu empfangen und gemeinsam den Lebensabend zu verbringen. Diese Zweisamkeit gibt ihm die geistige und seelische Energie die er benötigt, um das harte Leben eines Ritters meistern zu können. Die einzig wahre Dame wird für ihn so etwas wie eine Insel der Geborgenheit. Ihr gegenüber kann er seine tatsächlichen Leiden offenbaren.

Ein Ritter welcher viele Schlachten geschlagen hat weiss, dass sein überleben nur eine Gnade Gottes war. Ihm ist auch bewusst, dass ein langes Lebens eine grosse Ausnahme ist. Es kommt früher oder später der Zeitpunkt, an dem der tapfere Edelmann seine körperlichen und mentalen Kräfte einbüsst. Er wird sich darüber im klaren, dass er nun sein Leben wie in jungen Jahren so nicht mehr führen kann. Sein Verlangen durch ruhmreiche Taten unter Einsatz all seiner Möglichkeiten in verschiedensten Ländern der Gerechtigkeit zu Sieg zu verhelfen, wird durch die Boten des Alterns schwinden. Nie würde er die ritterlichen Tugenden verraten, aber ihre Erfüllung wird im Laufe der Zeit immer schwerer fallen. Um so mehr ist er gewillt im Sinne der heiligen Kirche nur einer Dame, nämlich seiner Ehefrau, die ewige Treue und wahre Liebe bis an sein Lebensende zu halte.

Um allerdings der Minne in all ihren Erscheinungsformen gerecht zu werden, muss man auch die Sorte von Rittern und Adeligen erwähnen, welche sich mehr von ihren Sinnesfreuden leiten lassen und so der niederen Minne frönen. Für sie steht die Lebenslust und damit die innere Sättigung ihrer sündhaften Gier nach möglichst vielen Frauen im Vordergrund. Mit platonischen Liebesverhältnissen können sie nichts anfangen. Sie wollen als den Lohn der „Liebe“ ihre vitale Manneskraft befriedigt sehen. So wird letztendlich der Ethos der Minne immer negativ überschattet bleiben und trägt somit zur Makelhaftigkeit des Rittertums bei.

Die ritterliche Liebesbeziehung durchläuft in der Regel folgende Stadien:

1. Dezente minnigliche Symphatiebekundungen
2. Verehrung durch eine leidenschaftliche Liebeserklärung
3. Züchtige Abweisung durch die Dame
4. Erneutes Werben des Ritters, mit Beweisen und Schwüren der Treue zu seiner Dame
5. Mutige Heldentaten als Zeugnis seiner Tapferkeit und Stärke
6. Annahme des Geliebten durch die Dame, gefolgt vom Vollzug der geheimen Liebesbeziehung
7. Täuschungsmanöver und Schwierigkeiten bei der geheimen Aufrechterhaltung der Beziehung
8. Bei den Eltern der Angebeteten um ihre Hand anhalten und sich gesellschaftliche Akzeptanz erhoffen, oder ein tragisches Ende der Beziehung durch Ablehnung der Eltern bzw. vorzeitige Aufdeckung der Zweisamkeit.